≈ [ungefähr gleich] von Jonas Hassen Khemiri

Sie zahlen eine Million Dollar Schulden mit Ein-Dollar-Scheinen sekündlich zurück.
Wie lange würde das dauern?
12 Tage.

Sie zahlen eine Milliarde Dollar Schulden mit Ein-Dollar-Scheinen sekündlich zurück.
Wie lange würde das dauern?
32 Jahre.

Sie zahlen eine Billion Dollar Schulden mit Ein-Dollar-Scheinen sekündlich zurück.
Wie lange würde das dauern?
32.000 Jahre.

An solchen Fragen verzweifelt Mani, der sich als Wirtschaftswissenschaftler eine Festanstellung an der Uni erhofft. Das Stück erzählt verschiedene Geschichten über Menschen, die den Anschluss an die ökonomische Entwicklung verloren haben. Beispielsweise Andrej sucht verzweifelt eine erste Anstellung und macht Bekanntschaft
mit dem Jobcenter, Martina möchte lieber Selbstversorgerin mit einem kleinen Biohof sein, als im Lottoladen zu jobben, und Peter ist obdachlos... Kunstvoll verzahnt Khemiri die Erzählstränge und lässt uns aus immer neuen Perspektiven auf die Zusammenhänge blicken. Witzig, skurril und lebensnah.
Bereits 2008 hat der schwedische Dramatiker mit dem vielgespielten Stück »Invasion!« die deutschen Bühnen erobert. » ≈ [ungefähr gleich] « ist sein neuestes Stück und erlebte im Herbst 2015 am Thalia Theater Hamburg die
deutschsprachige Erstaufführung.

StZ: »Ein kleiner Reigen von Charakteren, um die es wirtschaftlich nicht gut bestellt ist, versucht, sich nach oben zu mogeln, kommt sich in die Quere, ist unglücklich
ineinander verstrickt, stolpert, entgleist und rafft sich wieder auf. Stefanie Friedrich, Caroline Sessler, Henning Bormann, Cornelius Nieden und Boris Rosenberger spielen lapidar, verbittert hysterisch in flottem Wechsel Haupt- und Nebenrollen, erzählen fragmentarische Geschichten aus der prekären Optimierungsgesellschaft. Sie treffen sich im Waschsalon, einem Ort der Begegnung, einer Wand aus Maschinen. (…) Unterhaltungswert besitzt Christof Küsters Stuttgarter Inszenierung unbedingt – sie strotzt vor skurrilen Einfällen, lässt Schauspieler durch übergroße Waschmaschinentrommeln auftreten, zum Liebesspiel in sie zurückkriechen, halb in der Trommel steckend mit ausgebreiteten Armen dem Abgrund entgegenfliegen.
Und eine Arbeits- und Karriereberatung als empathiefreie Farce zu erleben – das ist schon ein Vergnügen.(…).« Thomas Morawitzky

Online Merker: »(…) Überhaupt beeindrucken die Dialoge zwischen den Protagonisten durch elektrisierenden Scharfsinn. Khemiri lässt in seinem Stück verschiedene
Biografien geschickt aufeinandertreffen, dadurch kommt keinen Augenblick Langeweile auf. (…) Die brutale Situation der Armut und des Reichtums stellt diese ungewöhnliche Inszenierung wiederholt in schonungsloser Weise bloß, dadurch gewinnen die gesellschaftlichen Abgründe immer mehr an drastischer Aktualität. Dies ist eindeutig eine Stärke von Christof Küsters Inszenierung. (…) Starker
Schlussapplaus.« Alexander Walther

Regie: Christof Küster / Ausstattung: Maria Martinez Peña
Spiel: Henning Bormann, Stefanie Friedrich, Cornelius Nieden, Boris Rosenberger, Caroline Sessler