Miu - Quintett

Eine Kugel Stracciatella, die andere Schoko-Minze, hundert Meter weiter spült die
Ostsee an den Timmendorfer Strand, es regnet Bindfäden. Aber Miu strahlt, nicht
nur, weil das Eis so lecker schmeckt. Miu strahlt oft, so ist sie nun mal, vielleicht weil
ihr in dieser Branche namens Pop oft das gelingt, was andere sich gar nicht erst
trauen: Sie setzt ihren Kopf durch, nicht störrisch und auch nicht um jeden Preis,
aber immer dann, wenn es sich zu lohnen scheint. Sie stöhnt kurz auf und verdreht
die schönen Augen. Ach ja, wie oft man ihr nun schon gesagt habe, wie gut es für sie
wäre, endlich auch und wie fast alle vernünftigen Kolleginnen deutsch zu singen!
„Aber deutsch klingt irgendwie wie eine alte Schreibmaschine“, sagt Miu und guckt
dabei, was sonst eher nicht so ihre Art ist, fast ein bisschen spöttisch. „Deutsch
funktioniert für Singer/Songwriter, aber nicht für mich. Für die Art von Musik, die ich
mache“, sie ließe sich notfalls zwischen Soul, Pop und etwas Jazz verorten, wenn’s
denn sein muss, „finde ich deutsch nicht so passend. Ich möchte mich auch nicht
gezielt auf den Zeitgeist trimmen lassen oder große Vorschüsse im Nacken haben,
die das Miteinander einer Band belasten können.“
Mit ihrer spielt die Hamburgerin nun seit gut vier Jahren, inzwischen werden dem
Nukleus aus Bass (Daniel Otte) und Drums (Nando Schäfer), Gitarre (Arne Vogeler)
und Keyboards (Joscha Farries) oft weitere Musiker zur Seite gestellt, sofern die
Größe des Venues dies zulässt, was inzwischen immer häufiger der Fall ist. Bei den
Aufnahmen zum neuen Album „Leaf“ sind manchmal zwölf Leute mit einem Song
beschäftigt, aber eben nicht immer. „Die Entwürfe für die Songs kommen oft von mir
oder von Arne“, ihrem Gitarristen, „und mir“, erläutert Miu die Arbeitsweise ihrer
Band, „einen Song haben wir komplett im Team im Proberaum entworfen und
arrangiert. Was im Quintett funktioniert, also mit Bass, Drums, Gitarre, Keyboards
und mir, wird überdacht, wir stellen uns die Frage, ob noch was dazukommt. Es
muss Sinn machen, es geht nie um die möglichst große Besetzung.
Bei ’Perfect Time To Go’ dachten wir, der Song sei so zierlich, da genügen neben
der Stimme die Tasten und ein paar Streicher, damit er so ein ’Moon River’-Feeling
kriegt, was ihm halt steht.“ Als Produzent von „Leaf“ stand mit Gregor Hennig kein
Unbekannter im Studio Nord Bremen, er produzierte bereits Rhonda, Me and my
Drummer, Niels Frevert, Vierkanttretlager, Bernd Begemann und Die Sterne.
Auch ihm ist zu verdanken, dass „Leaf“ nun tatsächlich so organisch klingt, wie Miu
seine Entstehung beschreibt. Zudem ist das Album auch so herrlich
abwechslungsreich wie die Auftritte der Band, anders als im Kräftedreieck von Soul,
Pop und Jazz sonst oft üblich trägt nicht jeder Song dasselbe Soundgewand,
sondern bleibt der rote Faden stets die Stimme der Sängerin.
Das Eis ist aufgegessen, draußen scheint wieder die Sonne und Miu lächelt, als
habe sie das geahnt oder eher noch: veranlasst. In zwei Stunden wird sie beim
Festival JazzBaltica auf der Open Air-Bühne stehen, ihr wird der Gitarrengurt reißen
und trotzdem die Laune und den Auftritt nicht verderben, vor der Bühne wird
Festivalleiter Nils Landgren trotz inzwischen frischen, auflandigen Windes im dünnen
Hemd stehen und lächelnd tanzen. Miu wird es sogar gelingen, den teutonischen
Polyrhythmikern das komplexe Mitklatschen über einen nicht eben kurzen Song
hinweg abzutrotzen.
Im letzten Jahr hat Miu, noch lange vor deren Eröffnung, zwei ausverkaufte Test-
Konzerte in Hamburgs Elbphilharmonie gegeben, „unsere besten Auftritte bisher.“
Nach wie vor ist sie bei einem Label unter Vertrag, das die Branche als „eher klein“
bezeichnen würde, „aber ich erhalte mir so meine Freiheiten.“ Und sie praktiziert ihre
erstaunlichen Grundsätze, “für mich passen Kapitalismus und Musik oder Kultur
generell nicht zusammen, weil es nicht das erste Ziel von Kunst ist, sich zu
rechnen. Da hatte Richard von Weizsäcker schon Recht.“
Solche Statements sind in den letzten drei Jahrzehnten im Poplager selten
geworden, und wer sich Mius Texte übers Nachhausekommen und den Ursprung
allen Seins genauer anhört, kommt aus dem Staunen kaum noch heraus. „Das
Musikmachen“, sagt die junge Frau, sei „auch immer ein wirtschaftliches Risiko, mit
dem jeder Musiker umgehen muss.“ Ihr Song „Next Big Thing“ drehe sich um genau
solche Dinge. Das gesamte Album „Leaf“ dreht sich um Dinge, die im TV-Casting
keine Vorrunde überstünden, deshalb ist das Album ja auch ein Glücksfall. Mius
Hoffnungen bleiben dennoch auf dem Boden. „Für mich hieße Erfolg“, sagt sie, „mit
meiner Band noch möglichst lange und ohne viele Vorgaben meine Musik machen
zu können. Und ich möchte mir ein Publikum erhalten, das mir auch mal etwas
Neues verzeiht oder es sogar mag. Ich bin mir sicher, dass es einen Markt für meine
Musik gibt.“ Gibt es. Und er ist bunt, duftet herrlich und kommt ganz ohne künstliche
Aromen aus. Bald kaufen sie da alle ein, wetten?

Neben den bekannten Vorverkaufsstellen erhalten Sie Tickets auch online:

www.reservix.de
www.rantastic-kleinkunst.de

Veranstaltungshinweise:

Donnerstag 08. März 2018
Beginn 20:30 Uhr / Einlass 19:30 Uhr
Info-Tel. (07221) 398011

Rantastic GmbH
Aschmattstr. 2
76532 Baden-Baden

Veranstaltungsort und Adresse

Rantastic Kleinkunstbühne, Aschmattstraße 2, 76532 Baden-Baden

    Tickets für 8. März 2018

  • Do
    08.03.2018
    20:30
    Tickets

Miu - Quintett

Diese Veranstaltung in Baden-Baden (Haueneberstein) wurde von venyoobot veröffentlicht. Miu - Quintett ist den Rubriken Solo-Konzert und Miu zugeordnet.

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