Aufgeklärt glauben

Sie ist eine aufgeklärte, weltoffene Intellektuelle, die vor dem Hintergrund der Bedrohung durch religiösen Fundamentalismus allen Grund hätte, vom Glauben abzufallen. Dennoch glaubt sie.
Im bilderhaus erklärt sie warum. Ein Abend mit einer faszinierenden Frau.

Im Alter von sechs Jahren ist sie als Kind von türkisch-kurdischen Gastarbeitern nach Berlin gekommen: Seyran Ates, Rechtsanwältin, Frauenrechtlerin und Gründerin der ersten liberalen Moschee in Deutschland. Das Leben in einer sehr traditionellen Großfamilie hat sie politisch geprägt. Früh hat sie ihr Elternhaus verlassen und begonnen, gegen die Ungleichbehandlung der Geschlechter zu kämpfen. 1984 wurde sie in einer Beratungsstelle für türkische Frauen,
wo sie neben ihrem Jura-Studium arbeitete, Opfer eines Anschlags: Vom Mann einer Klientin wurde sie durch eine Kugel in den Hals lebensgefährlich verletzt. Trotzdem engagiert sie sich weiterhin für Frauenrechte. Ihre Forderung, die Zwangsehe als Straftatbestand in das deutsche Strafgesetzbuch aufzunehmen, löste bei Traditionalisten eine Hass-Welle aus. 2011 war das Ziel erreicht:
Die Zwangsheirat steht in Deutschland heute unter Strafe. Seyran Ates hat vier Bücher geschrieben und im vergangenen Jahr die liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee eröffnet, ein Gebetshaus, das für Frauen und Männer, Hetero-, Homo- und Transsexuelle gleichermaßen offen ist. Seitdem muss sie rund um die Uhr von Personenschützern bewacht werden.