Der Ignorant & der Wahnsinnige

Besatzung
DOKTOR Stefan Ried VATER Stefan Fleming
KÖNIGIN DER NACHT Cassandra Rühmling
FRAU VARGO Kunigunde Eschbacher KELLNER WINTER Gerhard Fagerer
STIMMEN der KRITIK Dessi Urumova, Martin Zauner, Alexander Strömer
VON Thomas Bernhard REGIE Cassandra Rühmling MUSIK Stefan Ried
KOSTÜM Lili Brit Pfeiffer, Jan Meier - Salzburger Festspiele, Gwandhaus Gössl
MOBILIAR Friedrich Rücker LICHT Marvin Gschnitzer SOUND Markus Brandt
PRODUKTIONSASSISTENZ Roxana Rühmling REGIEASSISTENZ Kiya Hörlsberger
PHOTO Foto Flausen ILLUSTRATION Dan Florescu RECHTE Suhrkamp Verlag Berlin
PRODUKTION Theater.Licht
Pressetext:
Zwei Kräfte zerren an der Seele eines Menschen - Ignoration und Wahnsinn.
Die Sängerin, zur Maschine im Kunstapparat geworden, befindet sich an der Grenze der
Belastbarkeit. Eingebettet in das symbolträchtige Singspiel der Zauberflöte und
ausgestattet mit der Abgründigkeit einer Französischen Revolution verweist der innere
Verfall der Künstlerin ebenso auf die äußere Krise von Kunst und Kultur.
Theater.Licht rückt die Frauenfigur auch im zweiten Teil der Heldinnenreise-Trilogie wieder
ins Zentrum der Betrachtung. Dabei wird - erzählt über Thomas Bernhards beißenden
Humor - der innere Abstieg und Verfall einer nach außen hin erfolgreich funktionierenden
Frauenfigur dargestellt.
Eine Aufführung der Zauberflöte Wolfgang Amadeus Mozarts bildet die Rahmenhandlung
in “Der Ignorant & der Wahnsinnige”. Eine Koloratursopranistin, die „Königin der Nacht“,
gastiert in den besten Häusern der Welt und dies ausschließlich in der gleichnamigen
Partie aus Mozarts Zauberflöte. Die erfolgreiche Opernsängerin laboriert an der Bürde des
Kunstgesanges und erfährt sich als Koloraturmaschine. Ihr Vater, der nicht sehende und
alkoholsüchtige Ignorant, begleitet sie auf ihren Tourneen. Er leidet als passiver Zuseher,
im Mikrokosmos der Garderobe, unter dem ständigen Zuspätkommen seiner Tochter. Der
zweite Begleiter ist der Doktor, welcher über den menschlichen Körper referierend wie in
einem Musikstück immer wieder sein Thema aufgreift: der Künstler, der Gesellschaft an
sich kritisch und distanziert gegenüber-stehend, ist dazu verdammt sich im Kulturbetrieb
zu verkaufen.

Elisabeth Pichler schreibt in Ihrer Salzburger-Kritik:
Eine Aufführung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ bildet die
Rahmenhandlung. In der Garderobe warten der Vater der Sängerin und ein bekannter
Arzt. Dieser hält einen Monolog über Kunst und unfähige Kritiker, unterbrochen von
detaillierten Beschreibungen des Sezierens einer Leiche. Der Vater ist wortkarg und schon
ziemlich betrunken, doch ist Trunksucht für ihn ein Kunstmittel. Anfangs wiederholt er nur
einzelne Wörter, doch dann beklagt er sich immer öfter über sein rücksichtsloses Kind. Als
die Diva endlich kommt („immer später, aber niemals zu spät“), ist sie hochgradig nervös
und hektisch. Auf der Bühne ist sie dann aber voll konzentriert und schmettert nicht nur die
Arien der Königin der Nacht, sondern serviert ein köstliches Medley kreuz und quer durch
die ganze Oper. Nach der Vorstellung wird beim Zirkel-Wirt diniert, doch nach feiern ist
hier niemandem zu Mute. Die Diva will keine „Koloratur-Maschine“ mehr sein und
beschließt daher, nach 200 Auftritten als Königin der Nacht „am Höhepunkt des Ekels vor
der Kunst“ abzutreten. Sie sieht sich als Opfer ihrer eigenen Disziplin und ist daher
naturgemäß todunglücklich. Darum wird jetzt genussvoll alles abgesagt. Der Vater
allerdings sieht das als Verschwörung gegen ihn, musste er doch ständig für die
Ungeheuerlichkeiten der Mutter aufkommen und wurde dafür auch noch mit einem
rücksichtslosen Kind gestraft. Der Arzt monologisiert weiter dem Wahnsinn entgegen. Da
Cassandra Rühmling Operngesang am Mozarteum studiert hat, ist ihre wunderbare, sehr
eigenwillige Interpretation der Opernarien ein wahrer Hochgenuss. Begleitet wird sie dabei
von Stefan Ried auf den unterschiedlichsten Instrumenten, obwohl er als Arzt
Operngesang sehr abfällig als „Kunstgezwitscher“ bezeichnet hat. Auf die Abgründigkeit
der Französischen Revolution verweisen nicht nur die Kostüme, sondern auch eine kleine
Guillotine, die allerdings nicht zum Einsatz kommt. Stefan Fleming brilliert als schwer
betrunkener Vater, der sich zwar kaum auf den Beinen halten kann, bei seinen
Hasstiraden jedoch ungeheure Kräfte entwickelt. Stefan Ried hingegen ist topfit, denn
während der langen Monologe schafft er zur Entspannung auch noch wilde Turnübungen
auf einem Schaukelstuhl. Cassandra Rühmling glänzt alleine schon durch die
wunderbare, von den Salzburger Festspielen zur Verfügung gestellte, blaue Robe samt
Krone. Die dienstbaren Geister, Frau Vargo (Kunigunde Eschbacher) und Kellner Winter
(Gerhard Fagerer), kommen zwar kaum zu Wort, machen das Stück, das ja eigentlich
keine richtige Handlung besitzt, sehr lebendig. Ein überaus gelungener Theaterabend, an
dem eigentlich alles passt. Selbst Thomas Bernhard schaut zufrieden lächelnd von einem
Bild herab auf sein gelungenes Stück. Da kann man nur sagen: Ziel erreicht. Das war
wirklich „lustvolles Theater mit eigens schwingender Note“. Da es sich um den zweiten Teil
einer Heldinnen-Trilogie handelt, darf man auf Teil drei gespannt sein.

Veranstaltungsort und Adresse

Soziokulturelles Zentrum Speicher, Röntgenstraße 22, 19055 Schwerin

    Tickets für 16. September 2022

  • Fr
    16.09.2022
    20:00
    Tickets

Der Ignorant & der Wahnsinnige

Diese Veranstaltung in Schwerin wurde von venyoobot veröffentlicht. Der Ignorant & der Wahnsinnige ist der Rubrik Schauspiel zugeordnet.

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